... Nach vier Stunden Aufnahmeprüfung wurde sie in eine Einzelzelle geführt. Als die Tür ins Schloss fiel und die Wächter sich entfernten, genoss Sam ihre Einsamkeit. Mittlerweile war es 19:00 Uhr. Den angebotenen Gefängnisfraß hatte sie zwischen zwei medizinischen Untersuchungen hinuntergewürgt. Sam setzte sich auf das rostige Feldbett. Niemand hatte ihr gesagt, wie lange sie hierbleiben musste. Sie schätzte, da es nie eine offizielle Gerichtsverhandlung gegeben hatte, dass Rodriguez von lebenslänglich ausging. Sam erinnerte sich an Anitas Worte, maximal 6 Monate, durchhalten. Mit zittrigen Fingern angelte sie das silberne Röhrchen aus ihrer Hosentasche und verstaute es schnell in ihrem Kopfkissenbezug. Sie sah sich in ihrer Zelle um, hier würde sie also die nächsten Monate verbringen. Mit ausgestreckten Armen konnte sie fast die Wände rechts und links berühren. Neben dem rostigen Feldbett zählten ein widerlich fleckiges WC, ein Waschbecken und darüber eine Spiegelfolie – kein Glas – zur luxuriösen Innenausstattung. Man hatte ihr gesagt, dass sie vom heutigen Programm befreit sei. Sam verstaute die ihr zugestandenen Hygieneartikel auf der Ablage unter der spiegelnden Folie. Sie hatte einen Riss, der sich von der rechten, oberen Ecke quer über die gesamte Fläche erstreckte. Die Folie schlug Wellen und Falten. Der Riss teilte ihr Gesicht in zwei schräge Hälften und sie dachte ängstlich an Lapuentes Worte. Gott und Teufel. Wie auf ihrem Gesicht, nur dass beide Hälften jetzt dem Direktor gehörten. Sie stützte sich am Rande des Wachsbeckens ab und fing lautlos an zu weinen. Als ihre Tränen endlich versiegten, sank Sam erschöpft auf das Feldbett und schlief ein. Wieder träumte sie von Jessica und Jo mit der Heckenschere. Am nächsten Morgen wurde Sam durch die schrillen, kurzen Töne einer lauten Sirene geweckt. Sie hatte erstaunlich gut geschlafen und Hoffnung, dass sie die kommenden Monate recht gut meistern würde. Immerhin hatte sie den ersten Tag ohne Vergewaltigung oder Prügel überlebt. So konnte es weiter gehen.
Auch in Summersbys Keller ging es weiter. Sam trennte die letzten Fasern mit der Klinge durch, erhob sich langsam von ihrem Stuhl und streckte die steifen Glieder. Bei dem Gedanken an ihre Hochstimmung am ersten Morgen ihres Gefängnisaufenthaltes lachte Sam bitter auf. Wie ahnungslos sie doch gewesen war. Sam schüttelte die Schatten ihrer Vergangenheit ab. Ihr Blick fiel auf die Tür. Die nächste Hürde. Mit steifen ...
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