... nicht, was er angestellt haben konnte, doch die Herrscherin war äußerst empfindlich und hatte ihre Ohren und Augen überall. So konnte man nie wissen was ihr – ob wahr oder unwahr – zugetragen worden war. Er stand mit gesenktem Haupt vor seinem Pharao und wagte nicht, den Blick zu heben. Erst, als ein erstauntes Raunen unter den wenigen Zuschauern entstand, hob er vorsichtig den Kopf und sah plötzlich direkt in die Bernsteinaugen von Hatschepsut die, da sie auf der untersten Stufe zu ihrem Thron stand, sich direkt auf seiner Höhe befanden. Etwas Kaltes berührte seine Brust und unfähig zu begreifen bemerkte Sunu, dass die Königin den wundervollen Schmuckkragen mit dem Horusauge um seinen Hals gelegt hatte. Die Königin ließ die Arme an ihrer Seite herabfallen und trat steif einen Schritt zurück. Mit unpersönlich klingender Stimme sprach sie zu Sunu: „Leutnant, du hast in der Schlacht die Königin beschützt und somit Kemet einen großen Dienst erwiesen. Nimm zum Dank dies Geschmeide an und sei deinem Pharao weiterhin Auge und Ohr.“ Damit wandte sie ihm den Rücken zu und bestieg wieder ihren Thron. Mit einer eleganten Geste ihrer zierlichen Hand entließ sie die beiden hochrangigen Soldaten. Sunu war immer noch wie betäubt. Gemeinsam mit Nakht erreichte er rückwärtsgehend, wie es die Etikette verlangte, die Tür zum Audienzraum. Als sich diese hinter ihnen geschlossen hatte, sahen sich die Männer ratlos an. „Was war denn das?“ Brummte Nakht unwillig. Obwohl Sunu inzwischen klar war, für was er eben mehr oder weniger geehrt worden war, zuckte er nur schweigend die breiten Schultern.
*
In der Eingangshalle wartete ein aufgeregter Tunip auf seinen Herrn. Man sah ihm an, dass er Neuigkeiten hatte und es kaum erwarten konnte, sie Sunu zu erzählen. Sobald sich dieser also von Nahkt, der ihn mit hintergründiger Miene für den nächsten Morgen zu sich beorderte, verabschiedet hatte, schob Tunip seinen Vorgesetzten durch das Eingangstor und begann atemlos zu erzählen: „Herr, ist es wahr, dass du den Pharao in der Schlacht vor einem Anschlag bewahrt hast?“ Ohne auf Antwort zu warten fuhr er fort: „Die Angestellten erzählen, dass du auf 4000 Fuß einem Attentäter einen Pfeil direkt ins Herz gejagt hättest.“ Grinsend wunderte sich Sunu wieder einmal, wie schnell und in welcher Form Tatsachen von Diener zu Herr und umgekehrt weitergegeben, übertrieben und ausgeschmückt wurden. Er wollte eben zu einer ...
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