Joachim brauchte natürlich Hilfe. Ungebunden hielt er die Krawatte in der Hand, ob Vera sie wirklich knoten konnte? Sie konnte und er konnte sie bewundern. Hatte er wirklich geglaubt, sie käme in einem dieser glitzernden, ärmellosen Fummelchen aus dem Modestübchen? Nein, nicht wirklich. Das wäre nicht Vera gewesen.
Es waren nur ein paar Schritte über die Straße zum Saal. Ein schönes Paar die beiden. Joachims Zeitplan ging auf, sie waren die letzten und von allen erwartet. Er strahlte, wirkte verjüngt, legte seinen Arm um Veras Schulter, zog sie etwas an sich heran und sagte ganz einfach laut und deutlich: “Guten Abend, dass ist Vera.” Sonst gar nichts und das reichte. Jeder stellte sich selbst vor, sagte Hallo und guten Abend. Man plauderte und erzählte, nahm Vera auf und bezog sie in die Gespräche ein. Gesehen hatte man sie hier schon öfters, nur sehen ließ sich Joachim mit ihr heute zum ersten Mal.
Ein herrliches Essen, gute Musik, nette Gespräche. Es wurde nicht zuviel getrunken. Vera genoss den Abend. Joachim war ein ausgezeichneter Tänzer und ließ sie nur ungern los. Wenn bei Vera nur nicht diese Unsicherheit gewesen wäre. Warum hatte Joachim dieses Hotelzimmer bestellt. Wollte er nur einfach höflich und fürsorglich sein oder wollte er nichts mehr als Freundschaft?
Nie zuvor und schon gar nicht in den letzten vier Jahren hatte man Joachim so unbeschwert und frisch gesehen. Vera bekam ihm gut. Wo hatte er sie nur so lange verstecken können. Ihr vertrauter Umgang miteinander gab Joachim Zeit für gute Männergespräche. Inge nahm Vera einfach mit zu den Frauen. Wenn Inge jemanden mochte, wurde er auch von den anderen akzeptiert. So einfach war das. Joachims und Veras Blicke begegneten sich immer wieder und intensivierten das Vertrauen und das Verstehen. Auch Inge fragte sich, wozu dieses Hotelzimmer? So ein Blödmann.
Es war weit nach Mitternacht. Der Kreis wurde kleiner. Joachim fasste Vera um die Schulter und zog sie leicht an sich. “Komm”, mehr war nicht zu sagen. Die Nacht war kühl geworden und für Joachim Grund, Vera nicht mehr loszulassen. Genauso leicht wie vor einigen Stunden gingen sie den kleinen Weg zu Joachims Wohnung zurück.
Nichts Fremdes und Befangenes war zwischen ihnen. Es war, als ob sie diesen Weg schon viele Jahre gemeinsam ...
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