Die fremde ließ Sylvia los und stopfte sich einen Brocken Brot in den Mund. Dann griff sie nach der Bürste, an welcher nicht ganz so viele Borsten fehlten und fuhr sich damit durch das lange, schwarze Haar. Sie nickte Sylvia kauend zu, es ihr gleich zu tun.
Nach dem ersten Bissen merkte diese erst, was sie für einen Riesenhunger hatte. Schnell nahm sie einen Schluck aus dem Krug, um den trockenen Klumpen in ihrem Mund hinunter zu spülen. Die Fremde grinste, als sie beobachtete, wie sich Sylvi den Mund voll stopfte und an dem Batzen fast erstickte. Diese warf ihr einen vernichtenden Blick zurück, worauf sie Mira betrübt abwandte.
Überall im Raum liefen junge Frauen umher. Alle gekleidet, wie Sylvia selbst. Trotz der vielen Menschen empfand es Sylvia als unheimlich still hier. (Da war es ja in dem Schlafraum lauter gewesen, in dem sie erwacht war.) Die hintere Schmalseite des Raumes wurde von einem großen, schwer wirkenden Vorhang verdeckt, der über die ganze Breite des Raumes hing. Der Fußboden bestand aus kühlen Kacheln. Es war unangenehm, barfuß längere Zeit auf diesem nackten Stein zu stehen. „Komm schon, es bald soweit.“ Die Fremde griff wieder nach ihrem Arm. Sylvia hatte noch immer beide Backen voller Brot. Mühsam versuchte sie Teile von dem Batzen irgendwie hinunter zu würgen. Missmutig folgte sie der Fremden quer durch den ganzen Saal.
Was sie bisher noch nicht so für voll genommen hatte: In der ganzen Halle standen unzählige Raumteiler in Zickzackreihen angeordnet auf kleinen, vielleicht zwanzig Zentimeter hohen Podesten. Die Raumteiler, circa zwei Meter hoch, bildeten eine Vielzahl kleiner Nischen. Die meisten waren mit einem uralten, abgewetzten Teppich ausgelegt. Auf schwarzen Schiefertafeln waren mit Kreide irgendwelche sonderbaren Zeichen gemalt, die Sylvia nicht entziffern konnte. Doch es waren auch Zahlen dabei. In einigen der Nischen hatten sich bereits Mädchen wie zum Gebet auf den Teppichen niedergelassen. Die Beine zum Schneidersitz verschränkt, den Kopf zwischen den Knien saßen sie da und harrte. ‚Was kommt den nun auf dich zu Sylvi, hä?’, meldete dich die penetrante Stimme aus ihrem Oberstübchen zurück. ‚Gib es zu, du hast keine Ahnung, Sylvi, he, ...
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