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 | ... nickte in die Stille, ohne eine Mine zu verziehen. ‚Hey, lächle doch, Sylvi. Du hast es schließlich geschafft. Und wer kann schon auf so einen geilen Abenteuertrip zurückblicken? Vielleicht wirst du irgendwann sogar ein Buch darüber schreiben und einen Haufen Kohle damit machen, he, he!’ Wieder nickte Sylvia. „Du hast ja recht!“, flüsterte sie in das leere, dröhnende Wageninnere. Doch bevor der Wagen über die Kuppe der Düne kroch, drehte sie sich noch einmal um und sah zurück. Der Gedanke „lebt wohl“ schmeckte bitter wie Galle. Wie lange mochten die hier durchhalten, ohne Verbindung zur Außenwelt? Aber die Welt war nun einmal ein ständiges fressen und gefressen werden, basta! Schließlich war das Schicksal an den Umständen schuld und nicht sie! Sylvia sah zurück auf den Fahrweg und trat entschlossen aufs Gas. Sand und Staub bildeten eine riesige Wolke, nur dass es hier draußen in dieser lebensfeindlichen Einöde niemand gab, der sie bewundern konnte. ... Sie war bereits über eine Stunde unterwegs, als Sylvia den Wagen auf einer Anhöhe zum Stehen brachte. Besser den ersten Kanister Diesel gleich auffüllen, als den Tank leer zu fahren und den Motor dann vielleicht nicht mehr in Gang zu bekommen. Das wäre hier draußen lebensgefährlich! Die Maschine tuckerte im Leerlauf, als sie die Wagentür öffnete. Sofort fauchte ihr ein bitterkalter Wind entgegen, der ihr um ein Haar den Türgriff aus der Hand gerissen hätte. Sie setzte die Füße hinaus in den Sand. Da war nichts mehr von der Restwärme des Tages zu spüren. Früher hätte sie nie geglaubt, wie kalt es nachts hier werden konnte. Die kalten Körner rieben zwischen ihren Zehen, doch sie hatte schon seit über einem Jahr keine Schuhe mehr getragen, so dass es inzwischen nicht mehr störte. Sylvia sah sich um, versuchte in die Ferne zu blicken. Vielleicht waren da ja schon irgendwo Lichter zu sehen. Doch der Himmel hatte sich in ein trübes, undurchdringliches Braunschwarz verwandelt. Sie zerrte den Kanister von der Ladefläche und öffnete den Tankdeckel. Der Wind biss in den Augen und zerzauste ihre dunkelblonden Haare, so dass sie kaum noch etwas sehen konnte. Wie ein Mahlstrom zogen dicke Sandwolken über sie hinweg. Bei jedem Atemzug bekam sie ihre Haare in Nase und Mund, während zwischen ihren Zähnen der Sand knirschte. Sylvia spuckte. Sie wollte wieder ins Wageninnere. So schnell wie möglich. Endlich war der Kanister leer. Sie ließ ihn in den Sand fallen und rannte ...
Seite: 55 von 70 ©Anthony Tinamis |  | |
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