Meine Interimsmutter legt beruhigend den Arm um Mutter und zieht sie ins Wohnzimmer. Mich lassen sie einfach im Flur stehen. Nachdem die schwere Tür geschlossen wurde drehe ich mich um, laufe die Stufen hoch in mein Zimmer, ziehe die Tennissachen an und schwinge mich auf das Fahrrad. Kurz darauf erreiche ich mein Ziel: den Tennisplatz. Er ist mein Anker in der Not, mein Zufluchtsort und meine Kontaktbörse. Hier treffe ich meine Freunde, hier kann ich einfach ich sein. Wie auf ein geheimes Zeichen hin treffen wir uns nachmittags im Tennisheim. Links vom Eingang steht ein großer, rechteckiger Tisch. Dort machen wir es uns mit einem Getränk gemütlich, erzählen witzige Anekdoten aus der Schule und spielen stundenlang Karten. Wir spielen natürlich auch Tennis, so richtig mit Schiedsrichter auf dem hohen Schiedsrichterstuhl, aber auch das müssen wir oft wegen heftigster Lachattacken unterbrechen.
Manchmal tauchen junge Mütter mit ihrem Nachwuchs auf. Sie bitten uns dann auf die Kleinen aufzupassen während sie die Schläger schwingen. Sehr beliebt sind dann unsere Sandkuchen im Erdhaufen neben der Trainingswand.
Heute bin ich spät dran. Keiner ist zu sehen. Mist. Ob ich bei jemandem vorbei fahren soll um ihn zu bitten mit mir ein Match zu spielen?
Unschlüssig klimpere ich mit dem Schlüssel zur Tennisanlage in meiner Hand als ich Reifen auf dem Kies knirschen höre und dann das typische Kreischen einer Fahrradbremse. Die Tür wird aufgestoßen und Uwe schiebt sein Rad ins Gelände. Nach einer kurzen Begrüßung, er gehört zu der Sorte Mann die nicht viele Worte macht, fragt er mich ob ich ein paar Bälle mit ihm spielen würde. Gerne!
Uwe ist sechzehn, furchtbar klug, ruhig und gewissenhaft, dafür aber nicht unbedingt der witzigste unter uns Tennisteens. Er spielt sich sehr gerne als mein Lehrmeister auf. Es ist bekannt dass die Schule von mir nicht unbedingt die Aufmerksamkeit erhält die ihr gebührt, und so fragt er mich jedes Mal ob ich meine Hausaufgaben schon erledigt habe und was ich in der letzten Arbeit für eine Note erzielt habe. Am Anfang habe ich geflunkert und meine Leistungen geschönt, doch auf die Dauer wurde mir das zu dumm und so ertappe ich mich gleich nach dem Mittagessen oder abends dabei wie ich ganz sorgfältig meine Hausaufgaben erledige und das sogar mit einem gewissen Ehrgeiz und Freude. Inzwischen bin ...
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