... um die Verzweiflung zu verbergen, die in ihren Augen stand. Nun musste sie ihm ins königliche Gemach folgen. Es war unmöglich vor den Augen aller Anwesenden den Pharao zurückzuweisen. Mit festen Schritten aber zitterndem Herzen folgte sie ihrem Gemahl durch die sich verbeugenden Menschen und durch die Tore des Saales hinaus auf die endlosen Flure des Palastes. In dieser Nacht wünschte sich sie Königin, dass sie wirklich endlos wären, sie die Gemächer mit dem riesigen Bett für das Königspaar nie erreichen würden. Noch lange blickte ein paar verzweifelter dunkler Augen auf die inzwischen wieder geschlossene Saaltüre. Senmut hob seinen Becher und eine Dienerin füllte Wein nach. Auch Sunus Blick folgte dem königlichen Paar. Hatschepsut hatte ihm im Vorbeigehen ein Zeichen gegeben, dass er für heute entlassen sei. Geb und Hui gingen mit dem Paar aus dem Sonnensaal, doch wurden sie bald durch einen Wink des Pharao gestoppt: „Ihr werdet heute nicht mehr benötigt. Mein Gemach ist gut bewacht und eure Königin bei mir in bester Obhut.“ Als Geb und Hui fragend ihre Herrin absahen, zog Thutmosis hochmütig eine Augenbraue hoch und fragte: „Ist euch nicht klar, dass dies ein Befehl eures Pharao ist?“ Hatschepsut wandte sich an ihre Leibwächter und schickte sie mit einer unauffälligen Geste weg. Sie sollten nicht auch noch Ärger mit Thutmosis bekommen. Es reichte, wenn sie sich ständig mit ihm auseinandersetzen musste. Das königliche Paar setzte seinen Weg fort und erreichte bald den Eingang zu den Gemächern des Pharao. Thutmosis winkte herrisch die beiden Wachen zur Seite und drängte Hatschepsut ungeduldig durch die geöffnete breite Bronzetür. Langsam schlossen sie die Wachen von außen. Thutmosis riß seine Halbschwester in die Arme und küsste sie wild. Sie wehrte sich nicht, zeigte aber auch keinerlei Regung. Kurz unterbrach der Pharao seine wilden Liebkosungen und schob die Frau auf Armeslänge von sich. Ihr Blick war eine Warnung an ihn, doch in seinen Augen erkannte sie eine Siegessicherheit, die sie bis ins Innerste traf. Plötzlich war sie sicher, dass ihr letzter Trumpf verloren war. Sie senkte den Blick, ihre innere Ohnmacht verbergend, wollte ihm gegenüber keine Schwäche eingestehen. Sie hatte sich fest vorgenommen, egal wie diese Nacht verlaufen würde, sie würde weder klagen noch Gefühl zeigen. Kurz schien Thutmosis zu zögern und eine abwegige Hoffnung regte sich in Hatschepsut dass er, als Frauenkenner, sich nicht nehmen ...
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