... Ratgeber Pharaos – Eye. Würdevoll in seine Leopardentracht gekleidet und von einem langen, dunkelrot schimmernden Umhang umflossen, führte er die Prozession an. Einige der Priester schwenkten silberne Gefäße mit Weihrauch, andere trugen Blumen und Speiseopfer für den Gott herbei. Mit zum Himmel erhobenen Händen stimmte Amenophis eine weitere selbstgedichtete Hymne zu Ehren Atons an und die Priester fielen in den Gesang mit ein. Amenophis angenehme Stimme übertönte das leise Gemurmel der Menschen und ließ sie vollends verstummen. Er betete in seinem Lied: „Am Morgen bist du aufgekommen im Horizont und leuchtest als Sonne am Tage; du vertreibst die Finsternis und schenkst deine Strahlen. Seit du die Welt gegründet hast, erhebst du sie für deinen Sohn, der aus deinem Leib hervorgegangen ist, der König beider Ägypten, Nefercheprure Uanre, den Sohn des Re, der von Maat lebt, den Herrn der Diademe, Echnaton, groß in seiner Lebenszeit.“ Nefer horchte auf, als sie vernahm, daß Amenophis sich in seiner Hymne Echnaton benannte. Sie hatte schon öfter vernommen, daß der Pharao seinen Namen in einen Aton gefälligeren umwandeln wollte. Echnaton bedeutete: „Der Sonnenscheibe wohlgefällig“. Aber auch seiner Gemahlin tat er Ehre an: auf den immer etwas zerzaust wirkenden Locken trug er heute nicht die Chepresch – die blaue Krone – sondern Nofretete zu Ehren die goldene Uräusschlange, die er als einzigen Gott neben Aton duldete. Die Uräusschlange war seit alten Zeiten als weibliche Göttin und Beschützerin des Sonnengottes mit ihm verbunden. Nefer hatte ein schlechtes Gewissen, denn sie sehnte sich das Ende des Gottesopfers herbei, da sie langsam von der Müdigkeit eines langen, anstrengenden Tages übermannt wurde. Endlich war dann auch das letzte Opfer dargebracht und die Edlen brachen auf, um die Nacht in ihren Villen und Palästen zu verbringen, die Arbeiter und Händler in ihren bescheideneren Domizilen. Nefer schloß sich Nofretetes Gefolge an, welches von den sich hier bereits auskennenden Töchtern der Königin geführt wurde. Sie verließen den Tempel nicht durch das Haupttor, sondern durch eine ähnlicheNebenpforte wie die, durch welche die Priester vorhin hereingekommen waren. Mit Entzücken bemerkte Nefer, daß sie eine steinerne Brücke betraten, die in elegantem Bogen eine Straße und dann einen angrenzenden riesigen Garten zum Teil überspannte. Die Sonne war jetzt untergegangen und durch den Park schwirrte eine Menge Bediensteter. ...
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