... sich und hoffte, daß es ihr bei ihrer schnellen Gangart etwas warm werden würde. Als sie eine dunkle Gasseneinmündung passierte, fiel ihr ein, daß sie ein Stück des Weges abkürzen könnte, wenn sie hier abbog. Sie wandte sich also um und wagte sich in die fast völlige Dunkelheit des schmalen Gäßchens. Hier brannten nur vereinzelte Straßenlampen und einige davon waren auch noch defekt. Die Häuser hier waren kleiner und etwas ungepflegter als in dem sonst sehr gepflegten Städtchen üblich. Plötzlich glaubte Lena Schritte zu hören, die ihr leise folgten. Sie blieb kurz stehen, doch entweder hatte sie sich getäuscht, oder ihr Verfolger war gleichzeitig mit ihr stehengeblieben. Sie ging weiter und versuchte, ihre Tritte, die der hier liegende Schnee schon dämpfte, noch leiser zu setzen. Tatsächlich hörte sie bald darauf wieder die Schritte, die ihr folgten. Lena ging schneller und schneller und als sie um eine Ecke bog, um über einen engen Fußpfad wieder auf die hellere Hauptstraße zu gelangen, passierte es: sie prallte gegen eine große dunkle Gestalt, die sie sofort packte. Sie hörte noch, wie sich auch von hinten eilige Schritte näherten, dann wurde ihr ein Tuch vors Gesicht gedrückt, das einen widerlich süßlichen Geruch ausströmte. Sie versuchte noch kurz sich zu wehren, doch ihre Kräfte erlahmten schnell und ihr letzter Gedanke war: „Kai wird umsonst auf mich warten.“ Mit dem Klirren der Weinflasche, die auf dem Boden zerschellte, schwanden ihr die Sinne.
*
Ein dumpfes Dröhnen erfüllte Lenas ganzen Kopf als sie langsam zu sich kam. Was war passiert? Sie versuchte sich an die letzten Ereignisse zu erinnern, aber ein stechender Schmerz hinter ihren Schläfen ließ sie dieses Unterfangen vorerst schnell wieder vergessen. Sie versuchte die Augen zu öffnen aber ihre Lider waren schwer wie Blei. Also blieb sie erst einmal ganz still liegen und horchte auf das Dröhnen, das - wie sie inzwischen feststellen konnte - nicht nur in ihrem Kopf erklang. Langsam ließ das Kopfweh nach und Lena konnte wieder klare Gedanken fassen. Sie öffnete vorsichtig die Augen aber es herrschte weiterhin fast vollkommene Dunkelheit um sie herum. Den Geräuschen und Bewegungen nach zu urteilen mußte sie sich in einem fahrenden Auto befinden. Mit dieser Feststellung stürmten auch die Erinnerungen an die schrecklichen Minuten in der schmalen Gasse wieder auf sie ein. Lena versuchte sich aufzurichten, sank aber sofort mit ...
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